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Aktuelles

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11.01.2021
Allgemeines
Offener Brief unseres Abteilungsvorsitzenden zur anstehenden Handball-WM

Sehr geehrte Damen und Herren der Presse.
Im Januar findet in Ägypten die Handballweltmeisterschaft statt. Sie haben schon des Öfteren darüber berichtet; auch im Zusammenhang mit den dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen.

Ich schreibe Ihnen als Abteilungsleiter und Jugendwart des ASV Senden Handball – einem Verein, dessen Jugendarbeit nicht nur die sportliche , sondern auch die persönliche und gesellschaftliche Entwicklung der Jugendlichen fördert. Und ich möchte Sie gerne für ein Dilemma sensibilisieren, vor das der Handballsport in Deutschland bei dieser WM steht: Nicht nur auf Verbandsebene, sondern gewissermaßen im Tagesgeschäft an der Basis. Denn einerseits fordern und propagieren wir im Handballsport eine Jugendarbeit, die sich die Erziehung zur Demokratie und die Achtung der Menschenrechte auf die Fahnen schreibt. Andererseits nimmt aber unsere Nationalmannschaft an einer WM in einem Land teil, dessen Regierung offensichtlich beides mit Füssen tritt.

Mich selbst ärgert vor allem die Sprachlosigkeit in unserem Verband: Trotz Militärdiktatur, trotz polizeistaatlicher Methoden und zahlreicher, politisch motivierter Hinrichtungen am Austragungsort werden vom Präsidium des Verbands ausschließlich Sportthemen verhandelt.

Ich habe deshalb an unseren Präsidenten Herrn Andreas Michelmann geschrieben (siehe Anhang) und ihn gebeten, dass der Verband zu diesem Thema zumindest eine Diskussion anstößt – und in Zukunft vielleicht sogar den Austragungsort einer WM sensibler wählt.

Ich weiß, dass viele Sportler*innen und Sportfunktionär*innen bei solchen Themen hin- und hergerissen sind. Auf der einen Seite die Liebe zum Sport, auf der anderen Seite die Pflicht zur sozialen und moralischen Arbeit. Sicher wird es auch viele Journalist*innen geben, die sich regelmäßig auf eine Handball-WM freuen. Ich hoffe trotzdem, dass Sie nicht nur über die sportlichen Aspekte, sondern auch über die politische Dimension dieser Weltmeisterschaft berichten.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
H.J. Jungblut

   

 

Anhang

Sehr geehrter Herr Michelmann,

seit Jahren fahre ich mit Handballfreunden gern zu internationalen Turnieren. Breslau, Zagreb und Wien waren die letzten Stationen. Auf die WM in Kairo werde ich verzichten, und das nicht wegen der langen Reise. Denn sie kennen sicher die Lage im Land: 2014 hat sich dort das Militär an die Macht geputscht, nachdem es den gewählten Präsidenten aus dem Amt vertrieben hatte. Aber der Grund meines Briefes ist es nicht, mit Ihnen meine Reisepläne zu diskutieren. Es geht mir viel mehr um das soziale Dilemma, dass sich für uns im Verein aus dem Austragungsort der WM ergibt. Um den erzieherischen Auftrag und die soziale Vorbildfunktion, die wir als Handballvereine vor allem jungen Menschen gegenüber haben.

Ägypten ist heute ein Polizeistaat, in dem Menschenrechte massiv verletzt werden. Das Regime von General Abdel Fattah al-Sisi geht brutal gegen politische und religiöse Oppositionsgruppen vor, auch gegen Journalisten und zivilgesellschaftliche Institutionen. Eine autonome Justiz existiert nicht mehr, in den Gefängnissen wird gefoltert. Laut Human Rights Watch befinden sich etwa 60.000 Menschen durch politisch motivierte Anklage in Haft, zwischen 2014 und 2018 sind mindestens 2100 Menschen zum Tode verurteilt worden. Als im Oktober innerhalb von 10 Tagen fast 50 Menschen hingerichtet worden sind, haben sich sogar die Vereinten Nationen eingeschaltet. In so ein Land fährt man nicht als Schlachtenbummler, denn dort werden noch echte, blutige Schlachten geschlagen.

Auch zuhause fällt es mir schwer, damit umzugehen. Als Vorsitzender des ASV Senden Handball, aber auch als emeritierter Erziehungswissenschaftler. Wir beide kennen den Anspruch unserer Vereinsarbeit: Es geht um faires, respektvolles Miteinander. In unseren Vereinen werden junge Menschen moralisch sozialisiert und damit auf das Leben als Bürgerinnen und Bürger in einer Demokratie vorbereitet. Als Kommunalpolitiker und Träger des Bundesverdienstordens will ich Ihnen darüber keinen Vortrag halten.

Aber deshalb verstehen Sie auch sicher das Dilemma. Ich habe neulich in einer Verlautbarung des Netzwerk Sport und Politik folgendes Selbstverständnis gelesen: „Die Achtung der Menschenrechte bilden das Netzwerk, das Akteure aus Sport und Politik vereint. Es stellt die Grundlage unserer Zusammenarbeit dar. Fairness ist das Fundament im Sport, wie Menschenwürde die Basis unseres Rechtstaates ist.“ Wenn also dort und anderswo immer wieder bekräftigt wird, dass es uns im Sport auch um die Förderung des Demokratieverständnisses bei Kindern und Jugendlichen gehen soll, ist das mit einer Handball-WM in einer Militärdiktatur kaum zusammenzubringen.

Mir ist klar, dass es bei einer solchen WM auch um Prestige, um internationale Beziehungen und natürlich um viel Geld geht. Das sind Faktoren, die wir im Verband kaum vernachlässigen können. Und doch gerate ich, und sicher auch andere Handballfunktionäre durch die Entscheidung des DHB in Erklärungsnot. Mit dem gängigen Argument, Sport sei unpolitisch, beruhigen wir vielleicht unser Gewissen, aber wir überzeugen damit keine Menschen. Erst recht nicht Kritiker unseres Sports oder die wachsende Anzahl an Sponsoren und Förderern, denen ethische Investitionen sehr wichtig sind. Jugendliche und junge Erwachsene überzeugen wir auch nicht. Die FridaysForFuture-Generation hat gezeigt, dass sie ein ausgeprägtes Bewusstsein für Ungerechtigkeit hat, und auch die notwendige politische Bildung mitbringt. In dieser Generation verlieren wir Glaubwürdigkeit, und irgendwann auch Mitglieder.

Ich bitte Sie nun ganz sicher nicht, diese WM abzusagen. Aber ich bin überzeugt: Wenn der organisierte Handballsport sich nicht klar gegen die Verletzung der Menschenrechte und die Missachtung demokratischer Werte positioniert, verliert er an Glaubwürdigkeit und bietet Angriffsfläche für Vorwürfe der Korruption. Der offensichtliche Widerspruch zwischen den gesellschafts- und sportpolitischen Zielen des Verbands und seiner aktuellen politischen Praxis ist jungen Menschen nicht zu vermitteln.

Deshalb möchte ich Sie bitten, dieses offensichtliche moralische Dilemma – einerseits für Menschenrechte und Demokratie einzutreten und andererseits teilzunehmen an einer WM in einem Staat, der offensichtlich beides mit Füßen tritt – über die Verbandsmedien zu adressieren. Ein offenes Wort sorgt fast immer für Verständnis. Oder eben für Diskussion, aber auch das wäre im Sinne unserer demokratischen Sache.

Mit freundlichen Grüßen
 
Senden, den 08.01.2021


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